Regionalliga West 2020/21

Westfälische Trainer unter der Lupe

27.11.2020

Bis auf Schalkes Fröhling besitzt zwar jeder Trainer einen Vertrag über die Saison hinaus, doch im schnelllebigen Profigeschäft kann bekanntlich immer viel passieren. Wir haben die jeweilige Situation unter die Lupe genommen und eine prozentuale Einschätzung abgegeben, wer am sichersten in seinem Trainerstuhl sitzt und uns auch in der Saison 2021/22 über den Weg laufen wird.

SC Wiedenbrück 

Daniel Brinkmann, A-Lizenz (95%)

Beim Aufsteiger läuft derzeit alles nach Plan, was die Vertragsverlängerung von Brinkmann (34) Anfang November bis 2023 verdeutlicht. 20 Punkte aus 15 Spielen sind ein guter Wert, der beruhigt auf die Tabelle schauen lässt. Der Ex-Profi löste erst im Januar überraschend Björn Mehnert ab, als Wiedenbrück in der Oberliga bereits klar auf Regionalliga-Kurs war und von der Tabellenspitze grüßte. Bis zum Corona-Abbruch gab der SCW die Führung nicht mehr ab. Nun scheint die Erfolgsserie auch eine Liga höher weiterzugehen und Brinkmann noch länger ein Glücksfall für die Ostwestfalen zu sein.

Borussia Dortmund II

Enrico Maaßen, Fußballlehrer-Lizenz (90%)

Maaßen (36) war im Sommer heiß begehrt und entschied sich für die Schwarz-Gelben, die ihn als Wunschlösung bezeichneten. "Er ist ein Trainer, der trotz seines jungen Alters an seinen beiden bisherigen Stationen herausragende Arbeit geleistet hat", wurde BVB-Nachwuchskoordinator Lars Ricken in einer Vereinsmitteilung zitiert. Schon mit 30 Jahren beendete er seine aktive Spielerkarriere beim damaligen niedersächsischen Oberligisten SV Drochtersen-Assel und etablierte diesen in der Regionalliga Nord. Es folgte im Sommer 2018 der Wechsel zum SVR, den er zur Meisterschaft führte. Der in Wismar geborene Fußballlehrer besitzt einen Vertrag bis 2022, den beide Seiten mit großer Wahrscheinlich auch erfüllen werden. Aus den BVB-Youngsters hat er auf Anhieb eine Spitzenmannschaft geformt, die dem Titelfavoriten RW Essen derzeit Paroli bieten kann. Daran wird auch die erste Saisonniederlage unter der Woche gegen Maaßens Ex-Verein nichts ändern. Die prestigeträchtige Rückkehr der U23 in die 3. Liga (zuletzt 2014/15) ist das Ziel. Sollte es diese Saison nicht klappen, wird Maaßen gemäß seines Vertrags sicherlich eine zweite Chance erhalten.

SC Preußen Münster

Sascha Hildmann, Fußballlehrer-Lizenz (90%)

Hildmann (48) kam als Feuerwehrmann im Dezember 2019, um die abstiegsbedrohten Preußen in der 3. Liga zu halten. Dies misslang knapp, doch im Sommer wurde Hildmann von Vereinsseite "eine hervorragende Arbeit bescheinigt, mit der er der Mannschaft wieder Leben eingehaucht hatte." Er erhielt einen Zwei-Jahres-Vertrag und stellte mit dem neuen Sportlichen Leiter Peter Niemeyer eine schlagkräftige Truppe zusammen, die zu den Topmannschaften in der Regionalliga gehört. Dass der sofortige Wiederaufstieg aus der wahrscheinlich stärksten Regionalliga Deutschlands kein Selbstläufer wird, dürfte für niemanden eine Überraschung sein. Sollte die Drittliga-Rückkehr nicht gelingen, sich Münster aber weiterhin zumindest konstant in der Verfolgergruppe halten, wird Hildmann mit Sicherheit seinen Vertrag bis 2022 erfüllen und einen "zweiten Schuss" in der Saison 2021/22 erhalten.

SV Rödinghausen

Nils Drube, Fußballlehrer-Lizenz (85%)

Rödinghausen entschied sich unter zahlreichen Bewerbern im Sommer für Drube (42), der mit einem Vertrag bis 2022 ausgestattet wurde. "Er hat eine hervorragende Ausbildung, eine Menge Erfahrung und setzt sehr auf die Entwicklung junger Spieler", hieß es von Seiten des SVR. Dem freiwilligen Verzicht auf die 3. Liga folgte ein fast kompletter Kaderaustausch, der aber offensichtlich gelungen ist. Die Ostwestfalen stehen in der oberen Tabellenhälfte mit einem beruhigenden Polster auf die Abstiegsplätze. Unter der Woche gelang der Überraschungssieg gegen die Dortmunder U23. Aktuell spricht überhaupt nichts dagegen, dass Drube die neuformierte und verjüngte Mannschaft auch in der nächsten Saison weiterentwickeln darf. 

SV Lippstadt 08

Felix Bechtold, B-Lizenz (80%)

Bechtold (29) wurde 2019 vom Assistenzcoach zum Cheftrainer befördert. Trotz der schweren Corona-Saison, als der SVL in seinem zweiten Regionalliga-Jahr fast dauerhaft auf einem Abstiegsplatz stand, wurde Bechtolds bis 2021 dauernder Vertrag im Sommer vorzeitig bis 2023 verlängert. "Wer täglich mit ihm zusammenarbeitet, spürt, wie sehr er sich mit der Aufgabe am Bruchbaum identifiziert. Felix ist es in der letzten Saison gelungen, den großen Umbruch in die Wege zu leiten. Er hat eine hervorragende Ansprache an seine Mannschaft und seine Philosophie vom Fußball passt ideal zum SVL. Besonders seine akribische Arbeit zeichnet ihn aus. Felix möchte junge Fußballer entwickeln und sie auf das nächste Level bringen. Das ist genau der Weg, den der SVL anstrebt", so Sportdirektor Dirk Brökelmann im Sommer. Nun stecken die Lippstädter wieder im Abstiegskampf. Und es scheint so, dass der SVL immer ein Kandidat sein wird, entweder in der Regionalliga unten zu stehen oder in der Oberliga ganz oben. Wenn die Entwicklung innerhalb der jungen Mannschaft aus Sicht der Verantwortlichen positiv bleibt, wird Bechtold in welcher Liga auch immer seine Arbeit fortführen dürfen.

FC Schalke 04 II

Torsten Fröhling, Fußballlehrer-Lizenz (75%)

Fröhling (54) wurde im Sommer 2018 verpflichtet, um den Betriebsunfall (Abstieg in die Oberliga) im zweiten Anlauf zu reparieren, nachdem der erste Versuch kläglich gescheitert war. Fröhling schaffte den lockeren Durchmarsch zur Oberliga-Meisterschaft und auch der sportliche Klassenerhalt in der Regionalliga wäre letzte Saison in der abgebrochenen Corona-Saison voraussichtlich problemlos gelungen. Aktuell scheint es, dass Fröhling nochmals eine Schippe drauflegen kann, auch wenn das prestigeträchtige Derby zuletzt klar verloren ging. Schalke steht in der oberen Tabellenhälfte und die Zusammenarbeit scheint bestens zu funktionieren. „Es macht mich glücklich und stolz zugleich, dass ich hier auf Schalke gemeinsam mit dem ganzen Team um Gerald Asamoah und Tomasz Waldoch erfolgreich weiterarbeiten kann. Der Jahrgang und die Arbeit machen mir enorm viel Spaß. Deswegen habe ich nicht lange gezögert, meinen Vertrag um ein weiteres Jahr zu verlängern", waren seine Worte im Sommer, die sich schon bald wiederholen könnten.

Sportfreunde Lotte

Imke Wübbenhorst, Fußballlehrer-Lizenz (60%)

Mit Wübbenhorst (31) haben die Sportfreunde im westfälischen Amateurfußball Neuland betreten. Im April wurde die gelernte Gymnasiallehrerin während der Corona-Pause als neue Chef-Trainerin bis 2022 verpflichtet, seit Ende Juli ist sie im Besitz der Fußballlehrer-Lizenz. Aufgrund des fast kompletten Kaderaustauschs war zu erwarten, dass der Saisonstart der Sportfreunde holprig werden würde. Unter der Woche gelang mit dem Heimsieg gegen Alemannia Aachen ein wichtiges Ausrufezeichen, um die Tabellensituation etwas besser aussehen zu lassen. Das rettende Ufer ist in Schlagdistanz, aber die Tendenz ist eindeutig, dass für die Lotter der Klassenerhalt das höchste aller Gefühle ist. Inwieweit Wübbenhorst diesen Abreibungskampf "überleben" wird, bleibt abzuwarten. Aktuelle Presse-Schlagzeilen wie "Das falsche Spiel mit Imke Wübbenhorst" mit dem Teaser, dass ihr Versprechungen gemacht wurden, die der Verein nicht halten konnte, lassen auf keine allzu lange Halbwertszeit schließen, wenn Lotte nicht bald die Abstiegsränge verlässt.

RW Ahlen

Andreas Zimmermann, Fußballlehrer-Lizenz (50%)

Das Tabellenschlusslicht hat auf die Misere reagiert und vor elf Tagen Neu-Coach Björn Mehnert entlassen. Sofort wurde eine offensichtlich schon in der Schublade liegende Übergangslösung präsentiert. Zimmermann (50), der von 1996 bis 2002 in Ahlen als Spieler aktiv war und auch schon 2009/10 einmal Interimstrainer war, übernimmt den Aufsteiger bis zur Winterpause. Danach soll eine grundsätzliche Entscheidung zur künftigen Trainerbesetzung fallen. Zwei Unentschieden hat der in Werl wohnende Motivator auf Anhieb erreicht, gegen die Schalker U23 hätte es beinahe sogar zum Sieg gereicht. Die Ergebnisse sprechen sofort für sich und ein längeres Engagement von Zimmermann, der nach seinem letzten Job beim Wuppertaler SV zuletzt eine einjährige Fußballpause eingelegt hatte, scheint nicht ausgeschlossen. Inwieweit dies dann auch noch für die Saison 2021/22 gelten sollte, wäre Kaffeesatzleserei.
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